Ja und Amen

Seit 100 Jahren wirkt der Orden der Ursulinen in Neustadt/ Dosse

Vorwort

Noch nie habe ich mehrere Monate an einem Artikel gesessen! Was jetzt nicht heißt, dass ich täglich an meinen Formulierungen geschraubt habe. Nein, aber von der Idee bis heute, wo ich den Text online stelle, sind wirklich Monate vergangen.

Ich wollte eben mit verschiedenen Mitarbeitern sprechen. Mit dem Chef, Erziehern, Betreuern…und natürlich mit den Nonnen. Dann war der Eine im Urlaub, jemand Anderes wurde krank, war zu einer Schulung und und und. Letztendlich gab es soooo viel interessantes Material, dass ich jetzt tatsächlich einen Strich ziehen musste. Schließlich wollte ich die Veröffentlichung auch noch erleben. ;-)

Erst letzte Woche suchte ich Schwester Felicitas auf, um noch 3-4 Fotos aus ihren Alben zu verwenden. Ach ich hätte es wissen müssen. Ich hätte stundenlang abtauchen können. Soo tolle Fotos aus den 60er Jahren. Felicitas hat zu jedem Bild eine Erklärung oder Geschichte. Allein DAS wäre eine eigene Chronik wert. (Ich muss da noch mal nachhaken…) Die Ordensschwester hat die Fotos teilweise sogar selber entwickelt. Ich staune nicht schlecht.

Ok. So viel einmal zur Erklärung, warum das so lange gedauert hat. Jetzt aber! ;-)

Alte Klosteransicht. Ein bissl wie bei der Adams family, oder?

»War das grad ne Nonne?« fragten früher ungläubig meine Besucher, die ich vom Bahnhof abholte und mit denen ich durch Neustadt fuhr. Dann gingen die Ordensschwestern mit ihren Schützlingen spazieren. Dass das etwas Besonderes war, war mir zumindest damals nicht bewusst. Sie gehörten einfach zum Stadtbild.

Mehr als: »Ja, hier gibt es ein Kloster« konnte ich meiner Begleitung dann gar nicht sagen. Schade eigentlich. So blieb es. Das Kloster war da, die Nonnen waren da. Einige meiner Freunde leisteten dort ihren Zivildienst und erzählten ein paar oft witzige Anekdoten. Das wars.

Als mich Anfang des Sommers Ellen Penno, die gute Seele im Büro des Klosters, kontaktierte und fragte, ob ich das 100jährige Jubiläum der »Ursulinen in Neustadt« fotografisch begleiten würde, hab ich mich gefreut. Aber so richtig! Einmal Einblick erhalten in eine mir fremde Welt! Ich war tatsächlich aufgeregt. Und sooo neugierig!

Einladung

Schon vor dem großen Ereignis lud man mich zum Kennenlernen ein. Ulrich Vowe, der Geschäftsführer, war mir mit seiner offenen, humorvollen Art sofort sympathisch. Er führte mich durch die Räume und übers Gelände. Ich war komplett begeistert. Was für eine fremde, nein eigene Welt sich hier auftat! Wie entrückt von Zeit und Raum. Etwas abseits vom Realen. Freundliche Bewohner, die herzlich grüßten, Kinder, die U.Vowe umarmten, diese Ruhe! Ein schattiges Plätzchen unter einer riesigen Platane, gepflegte Blumenbeete und ganz hinten im Gemüsegarten eine Nonne, die harkte. Postkartenmotiv.

Klostergarten

Die meisten der Mitarbeiter* innen kannte ich. Und wusste gar nicht, dass sie hier arbeiten. Ein herzliches Hallo bei allen Begegnungen. Ob im Gemeinschaftsraum, in der Wäscherei, in der Küche. Herr Vowe staunte jedes Mal. »Sie kennen hier wohl alle?« Und Dennis Rogge, einer der Heilerziehungspfleger, der zu uns stößt, lacht und meint: »Herr Vowe, wie oft denn noch? Das ist hier DORF. Da kennt man sich.« Ulrich Vowe, eigentlich aus Wuppertal, kann das nicht wissen. Herrlich.

Ulrich Vowe mit Schwester Theresia

Er kam im August 21 hierher. Eigentlich nur übergangsweise, als die Ordensschwestern an eine Unternehmensberatung herangetreten waren, um die Zukunft des Klosters abzuklären. Wie sollte es weitergehen, wenn alle -inzwischen betagten- Nonnen sich altersbedingt zurückzogen? Nachwuchs gab es schon lange keinen mehr. Vowe übernahm das Interimsmanagment, sah sich die Strukturen an. Und blieb.

Viel Arbeit lag vor ihm und tut es immer noch. »Es lag nahe, die Einrichtung auszugliedern und eine gemeinnützige GmbH zu gründen, der man den Betrieb der Wohnstätte überträgt. Das war dann auch Wunsch der Schwestern… Ziel ist es, dass die GmbH von der Caritas übernommen wird.« Der Prozess ist in Gange. Vowe berichtet von den Schwierigkeiten, von »Sand im Getriebe« beim Rechtsformwechsel, erklärt mir, was es mit der Förderation der Ursulinen auf sich hat und überhaupt. Ich schreibe brav mit, nicke…und verstehe: NIX.

Aber ich glaube, das ist auch gar nicht wichtig. Wichtig ist: Die Wohnstätte für derzeit 31 behinderte Menschen wird es weiter geben. Nur halt unter einem anderen „Dach“. Die Nonnen erhielten ein lebenslanges Wohnrecht, werden mit versorgt und erhalten Hilfe, wo immer sie welche brauchen.

Vowe und sein Team haben viel vor. Sie streben an, die Bewohner* innen noch mehr zur Selbständigkeit zu motivieren. Mehr fördern. Und so “übt“ man ganz simple Dinge wie Schuhe binden, einkaufen, Wechselgeld errechnen, putzen, waschen…Tagesstrukturen.

Kathrin Krüger, im Pflegeteam tätig, erzählt mir später, dass das manchmal gar nicht so einfach ist. »Das ist wie mit Kindern, denen du jeden Tag aufs Neue erklärst, wie was zu machen ist. Welcher Lappen ist fürs Gesicht…schau auf die Uhr…Viiiiiel reden und erklären« sie lacht. »Wir sorgen dafür, dass die Bewohner, die nach Kyritz in die Stephanuswerkstätten zur Arbeit fahren, pünktlich am Bus stehen.« Mit einem Stullenpaket und Kaffeegeld.

«Und dann begleiten wir jemanden zum Arzt, fahren zu Behörden, halten Kontakt zu den Werkstätten, der Familie, organisieren Feste, Ausflüge, Urlaub…« Und obwohl sich scheinbar die Abläufe ähneln, sei es nie langweilig, sagt die gelernte Altenpflegerin.

»Einige der Bewohner sind ja schon im Rentenalter. Dürfen sie ausschlafen?« frag ich mal nach und Kathrin sagt: »Dürften sie, klar. Macht aber keiner. Sie haben so ihre Routine…« Und die ist wichtig. Sie gibt den Behinderten Orientierung und Sicherheit.

Wer hat Dienst? Was liegt an?

Auch deshalb gibt es eine große Wandtafel, an der mit einfachen, aber kreativen Symbolen zu sehen ist, wer von den Pflegern Dienst hat, wann der Arzt oder Frisör kommt oder wann es zum Kegeln geht. Süß.

Und so gibt es einen täglich wiederkehrenden Rahmen. Wecken, waschen, anziehen,Tischdienst fürs Frühstück, helfende Arbeiten in Küche und Garten, Zwischenkost um 10, spazieren gehen oder oder…Mittagessen…Beschäftigung und auch die Frage: Worauf habt ihr heute Lust?

Der große Tag

Als ich das Zweite Mal -am Tag des großen Jubiläums- da bin, werde ich von einem der Bewohner schon freudig mit: »Ich kenn dich!« begrüßt. Er strahlt. Und alle Anderen auch. Sie haben sich herausgeputzt. Solche Feste gibt es schließlich selten. Nach dem feierlichen Gottesdienst, einem Vortrag zur Geschichte des Klosters und der Ursulinen, vielen Reden und Glückwünschen haben die Bewohner* innen am Nachmittag auf der Bühne im Garten ihren großen Auftritt. Mir standen echt die Tränen in den Augen, als ich sah, wie aufgeregt und voller Vorfreude sie auf die Bühne hüpften. Sie tanzten und sangen und hatten soooo viel Spaß dabei, dass es einen wirklich rührte.

So sieht Begeisterung aus!

Nicht nur Angehörige, sondern auch viele Neustädter folgten der Einladung

vermutlich 800 selbstgebackene Kuchen

Auch die ukrainischen Kinder mit ihren Betreuerinnen hatten ein Programm vorbereitet. Und auch sie sprühten nur so vor Begeisterung. Der schön geschmückte Garten war gut gefüllt. Angehörige, Gäste, Neustädter und Mitarbeiter mit ihren Familien fühlten sich sichtlich wohl. Livemusik, Hopseburg, Geschicklichkeitsspiele, Eis, Grill…und aus der Küche schleppten sie lachend -wohl wegen meines ungläubigen Kopfschüttelns- einen Kuchen nach dem Anderen heraus. Alle selbst gebacken. Wow!

Und immer wieder: Glückwünsche, Dankesreden. Kein Blabla, sondern ehrlich gemeint und sehr emotional. Besonders die 25 (Sozial)Waisen mit ihren Betreuerinnen aus der Ukraine, die hier wegen des Krieges in ihrer Heimat im Dezember 22 herzlich aufgenommen wurden, zeigten sich mehr als dankbar.

Die Bewohner* innen dürfen ihre Zimmer selber einrichten

Zwischendurch boten Mitarbeiter innen Führungen an, zeigten Bewohner innen ihre Zimmer. Wie stolz sie waren! Zu Recht. Denn jeder hat inzwischen ein eigenes, von ihm selbst gestaltetes Zimmer, meist sogar mit einem Balkon. Das war nicht immer so. Und ganz früher gab es sogar nur sowas wie Schlafsäle.

Ich muss an meine Ausbildung denken, in der ich auch für ein paar Wochen im Ribbecker Pflegeheim war. Im Grunde ein ähnliches „Klientel“, aber das Drumherum war echt schlimm und schockierend. Wenn ich hier in die glücklichen Gesichter sehe und das schöne Umfeld, könnte ich glatt heulen.

Ein gelungenes Fest. Chapeau! Ich fuhr tief bewegt heim.

Ich werde Fan!

Seitdem war ich noch mehrmals im Kloster. Habe die Bewohner* innen porträtiert, Gespräche mit den Angestellten, dem Chef und Schwester Theresia geführt. Mein Gefühl von einem Ort, der unter einer Art Schutzglocke existiert, bleibt. Es ist einfach schön hier.

Im hellen, freundlichen Wintergarten wird gespeist

Die Sonne scheint durch die großen Glasfronten. Einige Bewohner* innen sitzen zusammen im großen Gemeinschaftsraum und puzzeln, fädeln bunte Perlen auf Schnüre, legen Memorykarten. Und vermutlich tun sie das jeden Tag aufs Neue. Jeder hat seine Aufgabe, und jeder achtet auf den anderen. »Inge, trink mal was«, heißt es dann beherzt und keine Widerrede duldend.

puzzeln, Perlen aufziehen, malen

Aus dem Garten bringt jemand zwei große Körbe Äpfel. Was geerntet wird, wird hier auch verwertet und landet im Topf oder in Weckgläsern. »Ich kann langsam keine Äpfel mehr sehen«, stöhnt die Köchin und zeigt mir lachend, aber nicht ohne Stolz die vollen Regale im Keller. Wow!

Nein, keine Äpfel, Bohnen. Aber auch die gab es reichlich diesenSommer

Ulrich Vowe erzählt mir augenzwinkernd, dass es durchaus Hierarchien unter den Bewohnern gibt. Das ist gewachsen in all den Jahren. »Andre´ z.B. ist schon 50Jahre hier.« Und es gibt immer noch „die Kleinen“, die aber auch schon 30 Jahre hier sind. »So in der Form wird es das auch nicht mehr geben in Zukunft«, erklärt U.Vowe. »Das ist unter den Schwestern in all den Jahren so gewachsen. Und das kriegt man auch nicht mehr raus.«

Zukünftig sollen die Bewohner aber mehr gefördert werden und teil haben am „normalen“ Leben. Der Chef möchte zB gern das Haus vorn an der Straße erwerben und zu kleinen Wohnungen umbauen. Denn: »Warum sollen die Bewohner nicht auch ihr eigenes Reich haben dürfen? Mit Unterstützung schaffen sie das.« Und das denke ich auch.

Schwester Theresia

Zum ersten Mal in meinem Leben verabrede ich mich mit einer Nonne. Ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll. Möchte sie auch gar nicht mit Fragen bombardieren. Aber wie sonst?

Oberin Theresia

Als ich sie um ein Gespräch bat, meinte sie schulterzuckend: »Ich führe ein ganz normales Leben. Genau wie Sie«. Na DAS glaub ich nun eher nicht, dachte ich mir und sah als Erstes meinen Kaffee- Baileys vor mir. Ha!

»Sagt man denn Nonne? Oder ist das schon falsch?« will ich einsteigend wissen. Nein, das sei eine normale Bezeichnung und gleichzusetzen mit Ordensfrau, erklärt Theresia und erzählt, dass es vor laaaanger Zeit lose Gemeinschaften gab, die man dann strukturierte und Orden gründete. Die Ordensschwestern suchten Aufgaben und die ergab sich letztendlich daraus, dass viele Kinder, vor Allem Mädchen und Frauen nicht beschult wurden. Die Ursulinen und auch die Jesuiten begannen im Mittelalter, Kinder zu unterrichten.

Ordensschwestern,hier noch mit der alten, geschlosseneren Tracht

Theresia ist mit 33 Jahren in den Orden eingetreten. Das ist schon relativ spät. Aber Theresia sagt, sie habe vorher zehn Jahre ein staatliches Kinderheim geleitet. Dieses war von den Sowjets geführt. Politisch habe man sie in Ruhe gelassen. Und alles, was Theresia für das Heim brauchte, habe man ihr meist unkompliziert zugestanden. Erst als die DDR „übernahm“, wurde es unzumutbar für sie. In die Partei wollte sie nicht eintreten und wechselte dann in eine kirchliche Einrichtung.

Kloster Straßenansicht

Sie selbst sei gar nicht religiös erzogen worden, erzählt sie. Weder Mutter noch Vater gingen in die Kirche. »Aber der Glaube hat mich angesprochen, ich habe ihn gelebt…Ich hatte keine Erscheinung, falls Sie das meinen,« lacht Theresia. »Ich kann um den Segen Gottes bitten, aber nicht, dass er die Arbeit macht. Ich bin sehr bodenständig und realistisch. So eine Frömmelei von vielen Menschen mag ich überhaupt nicht. Wenn sie sagen: „Der liebe Gott macht schon“ sag ich: Ja, der liebe Gott hat dir Verstand gegeben. Aber machen musst DU!«

»Mein Vater war damals sehr enttäuscht, als ich ins Kloster ging. Ein ganzes Jahr hat er mit mir nicht gesprochen. Mutter nahm es etwas sachlicher. Glücklich war damit keiner. Ich war ja damals als Leiterin des Kinderheimes anerkannt, und plötzlich sage ich, ich geh ins Kloster. Die dachten ja alle, ich hätte den Verstand verloren!«

Noch mit Reetdach...

Und auch das gehörte dazu: Kohlen schippen

Aber man sagte ihr, sie solle sich das Heim in Neustadt einmal ansehen und das tat sie. »Und dann habe ich die Kinder gesehen, die Behinderten, die mir so leid taten… Ein kleines Auto vor sich hin und her schoben und…Naja ich sah, dass die älteren Schwestern nicht die Kraft hatten, das so zu gestalten, dass man mit denen doch was anfangen kann…Aber sie waren sehr, sehr liebevoll zu den Kindern und haben uns „Neue“ in unserem Tun auch nicht gebremst, sondern völlig freie Hand gelassen.

Klosteransicht aus Richtung Garten

Die Schwestern (damals 16) waren sehr gebildet, meist Studienrätinnen. Da gab es schon ein gewisses Niveau und man konnte gut mit ihnen reden. Das waren tolle Frauen, aber auf Grund ihres Alters konnten die einfach nicht mehr. Und da habe ich gedacht: Du musst bleiben und helfen. Eine Art Helfersyndrom,« lacht sie.

Alltag

Auf meine Frage, ob sie selber schon vor dem Eintritt Familie hatte, erklärt sie: »In ein Kloster wird man nur aufgenommen, wenn man „frei“ ist. Frei von Verpflichtungen. Man redet heute auch nicht mehr von Jungfräulichkeit, sondern von Ehelosigkeit. Heißt: Dass man sich an keinen Menschen bindet.« Theresia selbst hat zwei Schwestern, die auch im sozialen Bereich tätig waren, jedoch Mann und Kinder haben.

»In unseren Breitengraden gibt es auch keinen Nachwuchs. Kein Mensch bindet sich mehr auf Lebenszeit. Es gibt noch immer Leute, die für ein Jahr oder so „ins Kloster gehen“, aber sich für immer zu binden… Das geht heute nicht mehr. Und ganz ehrlich: Das war schon ein bisschen rückständig. Aber damals war das eben so. Die Menschen suchen heute andere Formen. Diese Art zu leben wird es nicht mehr geben…«

Andacht

»Was bedeutet es denn eigentlich, in einem Orden zu leben?« will ich wissen. »Ordensleute legen bei Eintritt ein Gelübde ab. Der Armut, der Ehelosigkeit und des Gehorsams. Der Gehorsam ist der schwierigste Teil,« lacht sie. »Wobei der freie Wille immer entscheidend ist. Ich bin vor Gott gehorsam, aber nicht vor Menschen. Nicht der Bischoff, nicht der Papst könnten mir sagen, was ich tun soll, wenn es gegen mein Gewissen ist. Der freie Wille bleibt.«

»Gott spricht nicht zu mir und gibt Anweisungen,« sagt sie augenzwinkernd, »mein Handeln resultiert aus dem Glauben, den Schriften aus dem Alten und Neuen Testament zB. «

Noch genau so vorzufinden.

Übrigens bekommt man seinen Namen mit Eintritt in den Orden. Theresia durfte ihren Namen wählen, was nicht unbedingt typisch war. Und so wurde aus Helga Theresia. (Heute darf man seinen weltlichen Namen behalten.)

Auch diese Plüschtiere wurden in der Handarbeitsschule hergestellt

Derzeit leben noch fünf Schwestern hier im Kloster, die damals sehr jung eingetreten sind und heute auch alle über 80Jahre alt sind. Als Theresia 1963 kam, betrieben sie eine Hauswirtschaftsschule für Mädchen. Theresia, die Sozialpädagogik studiert hatte, konnte selbst unterrichten und begann, Mädchen zu Kindergärtnerinnen auszubilden. Im Heim lebten Behinderte und Waisen, oder Kinder aus zerrütteten Familien. Und Berliner, die ihre Kinder schickten, weil sie hier gefördert wurden. Die fuhren regelmäßig heim. Manche wollten gar nicht nach Hause.

Und wie sieht ein Tag so aus?

Vesper

Morgens treffen sich die Ordensfrauen noch immer zum Morgengebet, anschließend gibt es ein gemeinsames Frühstück… dann gehen die Frauen an ihre Arbeit. Mittagessen, Nachmittags- und Abendvesper…»Aber wir übertreiben es nicht. Es ist nicht so, dass wir den ganzen Tag auf den Knien liegen.« Jetzt muss ich lachen.

Gartenarbeit

»Kleinere Aufgaben haben die Schwestern heute noch. Aber früher war das richtig Arbeit. Bei 40 Bewohnern…Die Behinderten haben mit uns gearbeitet. In der Küche, im Garten, Hauswirtschaft.«

Die Bewohner* innen helfen in Küche und Garten...

»Damals gab es den Neubau ja noch nicht. Wir Schwestern lebten zu zweit im Zimmer, abgetrennt mit einer Gardine, aber das haben wir schnell abgeschafft, als wir finanziell etwas besser standen. Anfangs war der Tagessatz für einen Bewohner und Tag 5,46 OstMark! Das war nicht einfach, alle satt zu bekommen! Schon deshalb haben wir viel im Garten angebaut. Zum Glück hatten wir Unterstützung vom Berliner Orden.

Die Bewohner haben damals Eisdeckel geklebt, erzählt die Oberin. Pro Stück bekamen sie einen Pfennig. »Was meinen Sie, wie fix die waren! Und so hatten sie immer Taschengeld für unsere Reisen, oder um sich etwas zu kaufen…«

unzählige Reisen und Ausflüge

Theresia wurde zur Oberin „bestimmt“. Eigentlich wird so jemand gewählt. Aber: Sie hatte als Einzige die staatliche Anerkennung zur Erzieherin. »Ich konnte mich gar nicht wehren.« Sie schmunzelt. Alle drei Jahre wurde „gewählt“. Inzwischen hat Theresia den Papst darum gebeten, in den Ruhestand zu treten. »Irgendwann ist auch mal Schluss!«

Und dann wird sie etwas nachdenklich. »Wissen Sie, wenn man so überzeugt ist von etwas, dann denkt man nicht real nach. Hinterfragt nicht. Ja, man ist irgendwie fanatisch. Damals war das eben so. Aber wenn ich mit meinem heutigen Verstand nachdenke, würde ich einiges anders tun…Ich weiß nicht, ob ich mich noch einmal für mein ganzes Leben binden würde. Ich bereue nichts. Ich habe ein zufriedenes Leben und wir sind eine schöne kleine Gemeinschaft, wir sind füreinander da…« Dann strafft sie sich wieder und lächelt.

beliebt bei den Kindern

Und lobt die Arbeit von Herrn Vowe. »Ein sehr kommunikativer Mensch, ich vertraue ihm und lasse ihm freie Hand. Und die Bewohner lieben ihn.« »Schwer fällt es der Schwester, die für die Kinder zuständig war. Die Kinder kamen immer zu ihr, wenn es was gab. Und jetzt gehen sie zu Herrn Vowe. Da ist sie ein bißchen traurig. Die Bewohner sind eben unsere Familie.«

Und dann klingelt ihr Handy. Ich muss lachen. Nonne mit Handy. Ich ertappe mich dabei, dass ich ein verqueres, von Filmen geprägtes Bild habe. Tzzz.

Wie dem auch sei. Ich muss jetzt langsam ein Ende finden. Dabei könnte ich noch stundenlang…

Eine eigene Welt

Lange, seeeehr lange Rede…: Ich bin sehr angetan. Tatsächlich habe ich Herrn Vowe schon signalisiert, dass ich mir vorstellen kann, hier stundenweise zu arbeiten. Vielleicht zwei Tage die Woche?

ein tolles Klima

Und wenn jemand unter euch Heilerziehungspfleger/in, Erzieher/in oder Pflegekraft ist und ein neues Umfeld sucht…ein familiäres, sehr sympathisches Miteinander schätzt: Herr Vowe freut sich über einen Anruf. (NichtFachkräfte bekommen einen Kurs!) Ich kann euch nur beglückwünschen.

Na dann? Vielleicht sehen wir uns. ;-)

Herzlichst Frau kULTich

Kontakt: die Ursulinen Gesellschaft für soziale Teilhabe Neustadt/D. gGmbH Prinz v. Homburg Straße 2 16845 Neustadt/D.

Tel.: 033970-517-0 www.die-ursulinen.de mail@die-ursulinen.de